La vestale

Oper von Gaspare Spontini

Badisches Staatstheater Karlsruhe

Musikalische Leitung: Johannes Willig
Bühne: Frank Philipp Schlößmann
Kostüme: Franziska Jacobsen

Pressestimmen

In Karlsruhe wird diese Geschichte nicht im alten Rom angesiedelt. Das Regieteam verteilt Seitenhiebe an alle totalitären Regime, die es im 20. Jahrhundert gab und im 21. Jahrhundert noch gibt. In „Die Vestalin“ sind die religiöse und politische Macht innig verbunden, verkörpert im Pontifex Maximus. Das Bühnenbild zeigt eine hermetisch abgeriegelte Welt, aus der es für die Vestalinnen kein Entkommen gibt. In winzigen Zellen vegetieren sie dahin. Nur die gestrenge Oberpriesterin nicht. Kaum hat sie Julia vor den Gefahren der Liebe gewarnt, dreht sich die Bühne und man sieht, wie sich die Oberpriesterin und der Pontifex Maximus bei Champagner miteinander vergnügen. Das steht nicht im Libretto. Aber in diesen bösen kleinen Details, die zeigen, wie korrupt und zynisch die herrschende Klasse ist, wird die Inszenierung lebendig. Natürlich gibt es in dieser Inszenierung kein Happy End. In totalitären Systemen ist kein Platz für die Liebe, wenn sie zugleich den Zynismus des Systems offenlegt… Das ist alles schön durchdacht. Die Vestalin ist ein Kammerspiel mit Chor. Letzterer nutzt die Gunst der Stunde darstellerisch in den vielen kleinen, feinen Charakterstudien, die aus Priesterinnen, Soldaten und Volk lebendige Menschen machen.
BT, 28.1.2013

Die orange leuchtenden Priesterinnen mit ihren obsolet wirkenden Ritualen kontrastieren wirkungsvoll mit dem grauen Römerproletariat. Den Polizeistaat markiert ein steinerner Lorbeerkranz mit gekreuzten Maschinengewehren. Das schuldige Paar wird mit seinen Zweifeln allein gelassen, während sich im aus der Seitenwand fahrenden Überwachungszimmer Obervestalin und Hohepriester gar nicht keusch mit Alkohol und Sex auf dem Sofa vergnügen: Doppelmoral der absoluten Nomenklatura. Die auch später unbeobachtet das erloschene Feuer wieder in Brand setzt und das Erschießungskommando antreten läßt.
Die Welt, 11.2.2013

Katharine Tier gibt die abgründige Oberin der Vestalinnen mit Verve. Stets mit einem Metallstab zur Durchsetzung der Ordnung bewaffnet, führt sie mit diabolischer Lust die Strenge, Selbstgerechtigkeit und Doppelzüngigkeit vor. Aron Stiehl zeigt die Großvestalin beim Tête-à-tête mit dem Oberpriester. Sie trinken Sekt und rammeln auf dem Sofa. Das konterkariert den im Stück angelegten grundsätzlichen Konflikt… Auch das Wunder der Selbstentzündung von Julias Schleier wird auf banale Weise entzaubert (der Pontifex Maximus hilft mit dem Streichholz nach).
Deutschlandfunk, 27.1.2013

…dieser Umstand inspirierte den Karlsruher Regisseur Aron Stiehl sichtlich: Am Ende der entsprechenden Szene etwa, der Entdeckung des Liebespaares, lässt er durch fahles Licht ebenfalls den „öden Tag“ der Ernüchterung einkehren. Hinzugedichtet wurde ein galantes Idyll (den langen Triumphmarsch des ersten Aktendes überbrückend) zwischen der Großvestalin und dem Pontifex Maximus. Für die Mächtigen gelten rigide Sittenvorschriften also offenbar nicht. Eine durchaus noch „napoleonisch“ interpretierbare Einsicht. Eher „modern“ dagegen Stiehls Finalpointe mit dem das scheinbare Wunder manipulierenden Priesterchef und der Exekution der Julia-Partei.
Frankfurter Rundschau, 29.1.2013

Unkonventionell verfährt die Inszenierung mit den Gegenspielern des tragischen Liebespaares: Die Großvestalin und der Pontifex Maximus propagieren zwar öffentliche Keuschheit und religiöse Ergebenheit, sind aber ein selbst keineswegs keusches Liebespaar, das die Religion nach Belieben für Machtzwecke instrumentalisiert. Ein erschreckend aktueller Gedanke.
FAZ, 5.2.2013

Das Wunder der Selbstentzündung des Schleiers der wegen ihrer Untreue im Dienst zum Tode verurteilten Julias wird – möglicherweise in Übereinstimmung mit Spontinis Intentionen – entzaubert: der Pontifex Maximus hilft mit einem Streichholz nach. Der Komponist habe irgendwann einmal erklärt, so kolportierte Wagner, dass ohnedies „das Ganze nur auf Priesterbetrug beruhe und auf Benutzung des Aberglaubens berechnet sei“ („Mein Leben“, München 1983, S. 259). Ganz am Ende, nachdem die Musik zum Stillstand kam, schob Stiehls Inszenierung einen Coup de théâtre nach: Julia, Licinius und dessen zum Befreiungsakt bewaffnet eingedrungene Elitetruppe, die als Grüppchen am Rand stand, wurden von zwei Scharfschützen mit automatischen Waffen ins Visier genommen.
NMZ online, 28.1.2013

Regisseur Aron Stiehl entkleidet La Vestale seines antiken Handlungsgewands und betont, was nach der französischen Revolution bei der Uraufführung 1807 in Paris zwar antiklerikal gedacht war, aber nicht so deutlich wie in der Karlsruher Produktion gezeigt wurde: Aberglaube, Täuschung und die zynische Allianz von Kirche und Herrschaft. Bemerkenswert bei La Vestale ist die Bedeutungsverschiebung der nachrevolutionären Zeit: wo vor der französischen Revolution die Schuldfrage klar entschieden ist – Julia wäre ohne wenn und aber schuldig und ein göttliches Zeichen schickt das himmlische Verzeihen – ist bei Spontini der Zwang betont, der auf Julia ausgeübt wird. Nicht mehr Kirche und Staat sind im Recht, sondern deren Gesetzte zwingen die Figuren gegen ihren freien Willen in ein Korsett, gegen das sie rebellieren müssen, um ihre Liebe zu bekennen. Der Blitzeinschlag am Ende ist die Rechtfertigung eines Mentalitätswandels. In der Karlsruher Regie kommt es anders: Aron Stiehl erkannte, daß ein heutiges Publikum einen Blitzeinschlag als Lösung und Happy-End-Auslöser nicht ernst nehmen und dem Regisseur nicht abnehmen kann. Eine musikalisch spannende und in ihrer inszenatorischen Haltung intelligente und
begrüßenswerte Produktion.
Blogspot, 1.2.2013

Das Regie-Team um Aron Stiehl betont in seiner Inszenierung die im Stück formulierte Forderung nach Trennung von Staat und Kirche relativ zeitlos… während Stiehl in weiten Teilen dem Libretto eng folgt, gelingt ihm… beim Chor eine überzeugende Personenregie. Da flackern bei den Vestalinnen unterschiedliche Emotionen auf, wenn Julia zum Tod verurteilt wird. Der Chor als Masse wird bühnenwirksam eingesetzt.
Online Musik Magazin, 27.1.2013

Den Schluß konterkariert Stiehl in der Konsequenz der Ereignisse richtig, zu den letzten Freudestaumel-Takten erscheint ein Hinrichtungskommando, der Freispruch des Pontifex Maximus ist ungefähr so viel wert wie das Nichterschießungsversprechen des Schurken Scarpia in Puccinis „Tosca“.
Badische Zeitung, 15.2.2013

Diese… Vestalin“ spielt nicht im alten Rom, sondern im 20.Jahrhundert, irgendwann zwischen 1949 und 1989. Der Pontifex Maximus gebietet nämlich über eine Überwachungsanlage gleich der Stasi in der DDR – und sein Büro erinnert auffällig an die Wohnkultur im zweiten deutschen Staat. In diese Umgebung vergnügt sich der hohe geistliche Würdenträger in schäbiger Bigotterie mit der Großvestalin. Dabei verlangen beide doch von den Priesterinnen der Göttin Vesta strengste Keuschheit. Der Pontifex ist überhaupt versiert in der Machtausübung im totalitären Staat. Das Feuerwunder, das zum glücklichen Ausgang der Oper führt, wird hier von ihm nur inszeniert, um das Volk zu blenden. Seine Schergen nehmen Julia und Licinius dennoch ins Visier. Bei den religiösen Handlungen der Vestalinnen sind Ähnlichkeiten mit dem christlichen Ritus gewiss kein Zufall – auch hier verknüpft Aron Stiehl die antike Geschichte mit uns heute geläufigen Bildern und Aktionen.
Die Rheinpfalz, 28.1.2013

Aron Stiehl zeigte in seiner Inszenierung die fatale und unheilvolle Verquickung von Kirche und Staat auf, wobei er die Oper in einem faschistoiden Staat der Neuzeit spielen lässt, in dem der religiöse Glaube der Bevölkerung zur Machterhaltung missbraucht wird.
Der neue Merker, 15.2.2013

De politieke kant van het verhaal staat op de voorgrond. Aron Stiehl zoomt vooral in op de perverse verhouding tussen macht en religie, waarbij hij intiem licht werpt op de relatie tussen La Grande Vestale (de vocaal onbreekbare mezzo Katherine Tier) en de Souverain Pontife (de theatraal en vocaal fascinerende Russische bas Konstantin Gorny), in een onderhoudende pantomime aan het einde van de eerste akte (in plaats van het ballet). De twee ‘wetgevers’ gedragen zich, eenmal weg achter hun façade, heel anders; met kuisheid en onthouding heeft het weinig van doen… In deze context is geluk voor de twee geliefden (de priesteres Julia en de Romeinse generaal Licinius) logischerwijs niet mogelijk. Met hun vrije handelen hebben ze het dictatoriale rijk bedreigd. Zou iemand vandaag nog aan een happy end door een ‘deus ex machine’ geloven, zelfs als het libretto dat voorschrijft? Nee. Daarom is het in de visie van Stiehl niet de godin Vesta, maar de Pontife zelf die het heilige vuur weer aansteekt – om direct daarna de executie van de twee geliefden te bevelen.
Operamagazine NL, 5.3.2013

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmen Sie dem zu.

Datenschutzerklärung