Hänsel und Gretel

Oper von Engelbert Humperdinck

Theater Augsburg

Musikalische Leitung: Lancelot Fuhry
Bühne: Simon Holdsworth
Kostüme: Dietlind Konold

Pressestimmen

Das Theater Augsburg klappt ein Märchenbuch auf
Erinnern Sie sich noch an diese aufklappbaren Kinderbücher, wo sich auf einer Doppelseite ganze Kulissen vertikal aufstellen, wo man noch hier ziehen und dort umklappen konnte, um die Szene zum Leben zu erwecken? Genau so ein Märchenbuch entwarf der Bühnenbildner Simon Holdsworth für die Augsburger Inszenierung. Wie sieht in so einer fantasievollen und dennoch realitätsnahen Inszenierung das Reich der Hexe aus? Nach außen: wie ein Kindertraum. Ein Kiosk in Fliegenpilzform mit bunter LED-Beleuchtung und grellen Neon-Farben, bestückt mit allem, was die Süßwarenindustrie zu bieten hat. „Omas Kuchen“ prangt in Leuchtschrift darüber. Und als Oma kommt sie auch daher, oder besser er, denn die Augsburger haben sich für einen Tenor als Hexe entschieden. Dann aber entpuppt sich Omas  Glitzerkochlöffel plötzlich als Zauberstab. Und schon finden sich Hänsel und Gretel im grausamen Inneren wieder, in einer Lebkuchenfabrik, wo dem Hänsel der übermenschengroße Sahnespender in den Schlund gerammt wird, wo die „Oma“ plötzlich mit Glitzer-BH und Bauchbehaarung als androgyner Alptraum ihrem diabolischen Geschäft nachgeht: kleine Kinder in Lebkuchenmännchen zu verwandeln. Nach einem furiosen Ritt auf dem Besen, inklusive Flugeinlage durch alle drei Bühnendimensionen, erhält Christopher Busietta vom Augsburger Publikum spontan Applaus.
BR-Klassik, 27.10.2014

Heutig und doch voller Zauber und Magie
Wo ist der ideale Weg für eine Neuinszenierung der Einsteigeroper? Die aktuelle Münchner Staatsopern-Version zeigt eine Sichtweise, die das Thema „Essen und Hunger“ schonungslos aufbereitet. Die brandneue Augsburger Version lässt dem Märchen und seiner Poesie mehr Raum, setzt auf einen bunten Bilderzauber, der Jung wie Alt verzaubert – und eignet sich damit perfekt für die ganze Familie. Regisseur Aron Stiehl gelingt die optimale Balance zwischen einer aktuellen Sichtweise, in der Kinder halt wie Kinder von heute aussehen und von Ballett oder Fußball träumen, und der imaginären Welt des Märchens, die aus der Bühne eine bunte Popup-Karte macht. Hier kommt alles vor, was Kindern mit Märchen verbinden: Poesiealbumbilder, aber auch Figuren wie Mary Poppins (die hier als Taumännchen auftritt), zugleich kindliche Angst-Visionen eines nächtlichen Waldes. Das Hexenhäuschen dagegen scheint direkt aus einem Disney-Film entsprungen, erinnert aber mit seiner Süßigkeiten-Selbstbedienungs-Theke auch an die verführerische Supermarktkasse mit der berühmten „Quengelware“. Als Zuhause der Geschwister zeigt Bühnenbildner Simon Holdsworth einen Wohnwagen auf RTL 2-Niveau – was den Zauberwald in Folge noch stärker als Traum von einer besseren Welt wirken lässt. Inmitten dieser höchste gelungenen Szene lässt Aron Stiehl seine Personen lebhaft agieren und zeigt dabei viele kleine Stärken und Schwächen: Etwa wenn sich Hänsel und Gretel liebevoll gegenseitig für die Nacht im Wald zudecken, am Morgen danach aber raffgierig die Süßigkeitentaschen des jeweils anderen leeren.
crescendo, 27.10.2014

„Hänsel und Gretel“ – die Oper von Engelbert Humperdinck ist immer wieder schön anzusehen. Besonders in dieser bunten, liebevollen Inszenierung.
Ist sie grausig oder doch bloß märchenhaft, diese Geschichte von Hänsel und Gretel? Zumutbar für Kinder oder brandgefährlich für kleine Seelen? Darüber gehen die Meinungen auseinander, und auch Opernhäuser zeigen, wenn sie Engelbert Humperdincks Vertonung auf die Bühne bringen, wie sehr verschieden man den Stoff verstehen kann – mal als szenische Zuckerbäckerei, mal als Pädophilen-Story. Aron Stiehl, Regisseur der Neuinszenierung von Humperdincks „Hänsel und Gretel“ am Theater Augsburg, beschreitet einen Mittelweg – seine szenische Einrichtung ist verspielt-poetisch, ohne betulich zu sein, und unumwunden deutlich unter Verzicht auf Schock-Effekte. Regisseur Stiehl und sein Team zeigen in stimmigen Details die Chiffren prekärer sozialer Existenz, in welcher der Vater sich noch den Gemütsmensch erhalten hat, während sich bei der Mutter die Zermürbung schon in Aggression umzuwandeln beginnt. Verständlich, dass solch ein Milieu ein Nährboden für Sehnsüchte ist. Man erfährt es im zweiten Akt, als Hänsel und Gretel sich im Wald verirren. Simon Holdsworth hat hier ein grünes Dickicht aus züngelnden Akanthus-Blättern geschaffen, in das auch einige Fleischfresserpflanzen hineinragen – Vorausdeutung auf die reale Klappfalle, die bald hinter den Kindern zuschnappt. Erst einmal aber haben Hänsel und Gretel ihren Traum: Es ist nicht, wie bei Humperdinck, die Vision einer beschützenden Transzendenz in Gestalt von Engeln – nein, hier träumen die Kinder rührend irdisch vom Konsum, von Geschenkpaketen und Süßigkeitenüberfluss. Doch wer sich uneingeschränkt bedienen kann in der Warenwelt, darauf läuft es bei Stiehl am Ende hinaus, der begibt sich in Gefahr. Das wird recht augenfällig vorgeführt: Das Hexenhaus ragt plötzlich im Wald hervor als Kiosk-Pilz, der die Kinder nicht nur wegen seiner Disney-Buntheit magisch anzieht, sondern auch, weil es hier Süßes auf Abgreifhöhe gibt. Die Hexe, zunächst liebreizend in ihrer Omi-Aufmachung, zeigt schnell ihr wahres Gesicht und mästet Hänsel mithilfe eines Riesen-Spritzbeutels. Und am Ende der zauberischen Schreckens-Backwerkstatt glüht rot die Monster-Mikrowelle.
Augsburger Allgemeine, 26.10.2014

Das Regie-Team transportiert das Märchen in die heutige Zeit, ohne ihm den Charme des Märchenhaften und damit auch Zeitlosen zu nehmen. So wird die ärmliche Behausung des Besenbinders zu einem Wohncontainer und die Eltern kommen mit Discounter-Tüten daher. Dem gegenüber gestaltet Bühnenbildner Simon Holdsworth aber einen Märchenwald wie aus einem Jugendstil-Bilderbuch, in dem dann statt des Lebkuchenhauses ein Süßigkeiten-Kiosk steht. Hänsel und Gretel stört der vermeintliche Stilbruch ebenso wenig wie das Publikum, weil er in sich stimmig ist und der Märchenwelt entspricht. Selbst die Traumszene im Wald, wo es nicht um den Schutz der Engel geht, sondern um die Erfüllung der (Konsum-) Sehnsüchte der Kinder, zeigt nur, dass die menschlichen Befindlichkeiten über alle Zeiten unverändert sind und nur neue Ausdrucksformen haben – Hänsel träumt vom Weltmeistertrikot der Nationalmannschaft. Originelle (aber nicht plumpe) Regieeinfälle sorgen immer wieder dafür, dass sich auch kleinere Kinder von dem Geschehen auf der Bühne angesprochen fühlen. Zumal auch der Zuschauerraum einbezogen wird und Gretel sogar ein paar Takte dirigieren darf.
Die Augsburger Zeitung, 29.10.2014

Erst vergangene Woche feierte die Neuproduktion von Regisseur Aron Stiehl Premiere in Augsburg. Stiehl überzeugte bereits in der Spielzeit 2013/2014 mit seiner farbenfrohen Inszenierung der Operette L´Ètoile – jetzt begeistert er auch mit Hänsel und Gretel: Denn schon nach zwei Aufführungen stößt die Oper auf so große Resonanz bei kleinen und großen Theaterbesuchern, dass es für die nächsten Vorstellungen nur noch Restkarten gibt.
Augsburger Allgemeine, 5.11.2014

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