Die lustige Witwe

Operette von Franz Lehár

Saarländisches Staatstheater Saarbrücken

Musikalische Leitung: Yoel Gamzou/Justus Thorau
Bühne: Nicola Reichert
Kostüme: Franziska Jacobsen
Choreographie: Sabine Arthold

Pressestimmen

Das Saarbrücker Theater bringt die Operette „Die lustige Witwe“ mit beherzter Regie und viel Witz richtig schön in Schwung.
Die Operette ruhe in Frieden. Es sei denn, ja es sei denn, es macht sich ein Regisseur wie Aron Stiehl ans Werk. Der den akuten Notfall sieht und deshalb „Die lustige Witwe“ in Saarbrücken am offenen Herzen operiert. Kurzerhand legt er ein paar Handlungs-Bypässe, setzt einen Parodie-Schrittmacher ein und injiziert ordentlich Tempo-Adrenalin. Schau an, plötzlich hat die alte Dame wieder richtig Puls.
Gut, ein paar Wiedererkernnungsmomente gibt’s hie und da. Aber so frei wie da agiert wird, die Handlung stoppt, das Theater aus der Rolle fällt, das Publikum zum Mitakteur gemacht, und über den Brexit und sonstige Katastrophen palavert wird. Ist das noch Lehar? Oder hat das Theater endlich die Wirklichkeit eingeholt – und Boris Johnson wird, was er ja fraglos ist, eine Operettenfigur? Der cleverste Streich jedenfalls von Regisseur Aron Stiehl: Njegus, eigentlich so eine Art Buchhalter in der „pontevedrinischen“ Botschaft zu Paris kurz nach der vorvorigen Jahrhundertwende, vom Handlager zur Hauptfigur zu befördern. Gregor Trakis, quasi vom Schauspiel ins Musiktheater ausgeliehen, ist fürwahr ein König in dieser Rolle. Er, die Nebenfigur, dieser Jedermann unter all den gelackten Baronen, Grafen und sonstigen degenerierten Blaublütern, der ständig zwischen devot und gernegroß pendelt, treibt und steuert eigentlich die Chose. Er schiebt den depperten Herrn Gesandten Baron Zeta (köstlich einfältig: Markus Jaursch) auf Position, macht per Fingerschnipp die Szenen mal klein, mal groß. Und landet Lacher ohne Ende. Wenn er etwa mit Baron Zeta beisammen hockt wie Loriots Dr. Klöpner und Herr Müller-Lüdenscheid in ihrem legendären Badewannen-Streit.
Aus frivolen Spitzen, die vielleicht im Uraufführungsjahr 1905 Errötungspotenzial hatten, macht die Regie jetzt Fakten. Doch Stiehl setzt auch kleine, feine Stiche. Wenn Baron Zeta etwa mal wieder beim Stichwort „Staat“ der rechte Arm hochschnellen will zum jedenfalls nicht pontevedrinischen Gruß. Könnte einem „seltsam“ vorkommen. Jawohl! „Die lustige Witwe‘ war auch Hitlers Lieblingsoperette. En passant hakt Stiehl mit diesem szenischen Zitat aus Kubricks Filmsouverän auch noch die ganze Rezeptionsdebatte zur „Witwe“ ab. Klasse!
Kurz und Schluss: Wann je hat eine Operette so viel Spaß in Saarbrücken gemacht? Lange her. Und, das muss man auch noch sagen: Den ganzen Abend lang kam einem nicht einmal Johannes Heesters in den Sinn. Das ist doch was. Darauf ein Gläschen Champagner: Witwe Klicko, klar.
SZ, 28.10.2019

Die lustige Witwe ist „die“ Operette schlechthin. Nun wird der Klassiker am Saarländischen Staatstheater gezeigt: Turbulent und einfallsreich. Und wenn beim Wort „Vaterland“ die rechte Hand zum Führergruß zuckt, wird angedeutet, dass das Stück Hitlers Lieblingsoperette war. Das „schwere Studium der Weiber“, das in einer der bekanntesten Arien beschrieben wird, kommt auch nicht zu kurz.
Lehars „Lustige Witwe“ ist vor allem eins: ein musikalisches Feuerwerk, das gute Laune verbreitet, gegen die man sich nicht wehren kann – schon gar nicht bei diesen spielfreudigen Sängern. Aron Stiehl, der in der letzten Spielzeit beeindruckend Erich Wolfgang Korngolds „Tote Stadt“ auf die Bühne gebracht hat, hat in Saarbrücken einen sehr individuellen Zugang gewagt: er hat die Szenenabfolge geändert, führt slapstickartige Elemente ein und lässt einen Conferencier das Publikum direkt ansprechen und zum Beispiel über den Brexit räsonieren. Das Publikum hielt bei der Premiere nichts auf den Stühlen, es feierte lautstark das mitreißende Musiktheater.
SR Fernsehen, 23.10.2019

Stiehls in Teilen modernisierte Inszenierung durchbricht immer wieder die 4. Wand und spart nicht an Komik. Das Ensemble spielt köstlich überkandidelt. Herrlich ist Trakis als Diener Njegus.
SAARTEXT, 20.10.2019

Sehr humorvoll, ein lustiger, kurzweiliger Abend“
SR, Kulturradio, 26.10.2019

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